Ich habe das ganze Jahr über nach einem neuen Wohnort gesucht. Am liebsten in einer Kleinstadt mit etwa 50.000 Einwohnern. Ich habe die Nase voll vom Großstadtleben. 27 Jahre Frankfurt sind wirklich genug. Die Stadt ist inzwischen ziemlich heruntergekommen und — es tut mir leid, das zu sagen — verfällt regelrecht. Kein Schönreden hilft mehr, und ich will nicht länger all das Elend auf den Straßen, die Junkies und die Kriminalität vor meiner Haustür ignorieren.
Deshalb will ich weg und hoffe, auf dem Land mehr Ruhe und Konzentration zu finden. All die Vorteile, die die Stadt einst bot, wie etwa einen großen Flughafen, gehören der Vergangenheit an. Der Frankfurter Flughafen ist — wie so viele andere Einrichtungen in Deutschland — im massiven Niedergang begriffen. Ich spreche noch nicht einmal von den vielen Obdachlosen, die mittlerweile dauerhaft im Flughafengebäude leben, was sich für mich seltsam anfühlt.
Bei meinem letzten Besuch wurde das Gepäck bei der Sicherheitskontrolle mit einem Besenstiel über die Förderbänder geschoben, was ein sehr gutes Sinnbild für den Zustand war. Dann fehlten Busfahrer, um Passagiere zum Flugzeug zu bringen, gefolgt vom Mangel an Enteisungsfahrzeugen. So startete mein Flug mit einer Stunde und 45 Minuten Verspätung.
Die Reisen davor waren nicht besser. Mein Gepäck wurde am Frankfurter Flughafen nicht verladen, was wirklich bitter ist, weil mein ganzes Styling im Koffer war. Und auf dem Rückweg wurden 6 Flüge auf ein einziges Band in der Gepäckausgabe gelegt. Die Wartezeit auf den ersten Koffer betrug magere 50 Minuten (oder in deren Sprache: „Die Gepäckausgabe beginnt in Kürze").
Der Frankfurter Hauptbahnhof soll ein Knotenpunkt in Deutschland sein. Aber auch bei der Bahn funktioniert vieles nicht. Streiks und Verspätungen sind an der Tagesordnung.
Die Welt hat sich verändert.
Und manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich mich nicht schnell genug verändere.
In Sachen Digitalisierung musste ich im Februar mein Portfolio auf Patreon umstellen. Gewissermaßen war ich der letzte Fotograf, der seine Arbeiten kostenlos ins Netz stellte. Das hat mich nie gestört, solange ich noch Geld mit Veröffentlichungen verdient habe.
Es wird nicht mehr lange dauern, bis Printprodukte vollständig eingestellt werden. Das tut mir weh, denn Print hat mir immer viel bedeutet. Immerhin wird es meinen Kalender noch 2025 geben. Und das nächste Highlight ist der Druck meines neuen Bildbands. Ich werde also hochwertigen Printprodukten treu bleiben.
Tatsächlich fiel es mir in der ersten Hälfte von 2023 sehr schwer, Fotomodels zu finden.
Dennoch wurde mir nie langweilig. In den letzten 5 Monaten habe ich intensiv an der Bildauswahl für meinen neuen Fotoband gearbeitet. Und ich glaube, ich kann endlich das Geheimnis lüften, wie er heißen wird. Schließlich kommt das Buch morgen, am 1. Januar 2024, auf meiner Website in den Verkauf.
Also, Fanfare raus:
tata-ra-ta.
Mein neuer Bildband heißt…
Ich bin gereift und vieles in meiner Fotografie ist selbstverständlicher geworden. Mit zunehmender Erfahrung wird alles interessanter und irgendwie tiefgründiger. Die Motive, die Erlebnisse, das Gesamtgefühl, das ich vermitteln möchte.
Im Juni war ich erstaunt, als ich in einem kleinen Dorf in Südfrankreich war. Es war ein wunderschöner, vollkommen sauberer Ort. Gepflegt und einfach hübsch. Ich spürte sofort, dass sich jemand mit viel Liebe darum gekümmert hatte. Und so wollte ich mehr herausfinden und fragte Google.
Es stellte sich heraus, dass der Produzent des Films Emmanuelle, Yves Rousset-Rouard, lange Zeit Bürgermeister dieses kleinen Künstlerdorfs war. Ohne es zu wissen, spürte ich die Atmosphäre sofort, und ich fand es irgendwie magisch.
Im Sommer kam die viel beworbene Dokumentation über die XXL Camper heraus, in der ich in drei Folgen bei der Arbeit zu sehen war. Obwohl mir gesagt wurde, dass ich danach irgendwo bestimmt darauf angesprochen werde, wurde ich nie auf der Straße erkannt. Es war nur ein Gastauftritt und in der eigentlichen Dokumentation ging es nicht um mich. Mein Ego ist also definitiv nicht verletzt. Ich hatte viel Spaß beim Fernsehdreh und bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Auch darüber, dass die Ausstrahlung nicht verhindert wurde. Denn Zensur ist in meinem Arbeitsfeld mittlerweile normal. Es gab nicht viel Nacktheit, aber ich wurde auch nicht herausgeschnitten. Das sehe ich als positiv.
Neben sechs Playboy-Veröffentlichungen im Jahr 2023 (drei davon im Playboy Deutschland, die anderen im Playboy Niederlande) hatte ich auch wunderschöne und sehr gute Produktionen mit Privatpersonen. Insgesamt habe ich es also geschafft, mich von all dem Negativen, das in der Welt vor sich geht, nicht zu sehr herunterziehen zu lassen. Das war nicht einfach für mich.
Mit viel Bewegung und dem Verzicht auf Alkohol habe ich meine Lebensqualität 2023 auf ein anderes Level gebracht. Ich schlafe besser und fühle mich wesentlich wohler. Durch Social-Media-Detox habe ich wieder Fokus auf meine Arbeit gewonnen.
Ausblick auf 2024
Dann werde ich versuchen, mehr zu produzieren, aber natürlich steht jetzt erst einmal mein neuer Fotoband im Mittelpunkt. Es macht mich etwas nervös, dass ich bisher der einzige bin, der die Bilder gesehen hat.
Insofern fühle ich mich gerade wirklich wie ein Künstler, denn ich habe etwas Angst vor der Ungewissheit. Wie wird mein neues Buch aufgenommen? Werden den Leuten meine neuen Bilder gefallen? Werden die Leute sagen, Sublime war besser als Mellow? Wird Mellow ein Erfolg?
Aber ich finde Selbstzweifel nicht schlimm. Schlimmer wäre es, wenn ich nicht mehr selbstkritisch wäre.