Nach zwanzig Jahren hinter der Kamera wage ich die These: Eine durchdachte Frisur ist wichtiger als das teuerste Designer-Outfit.
Verstehen Sie mich nicht falsch — ich rede hier nicht von perfekten Wellen (diese voluminösen, buschigen, sich aushängenden Locken) oder einem 100-Euro-Salonbesuch vor jedem Shooting. Sondern einfach nur davon, das Potenzial zu sehen, das in Haaren steckt.
"Ich hab' die immer so" ist dabei der Klassiker. Gefolgt von "Das wächst gerade raus" und meinem persönlichen Favoriten: "Ich dachte, wir machen was beim Shooting damit." Spoiler: Nein, machen wir nicht. Jedenfalls nicht das, was ein professioneller Schnitt in Ruhe hätte vorbereiten können.
Manchmal wage ich das Undenkbare und schlage radikale Veränderungen vor. "Hättest du Mut für einen kinnlangen Bob?" — Ihr solltet die Gesichter sehen. Als hätte ich vorgeschlagen, barfuß über Lego zu laufen. Dabei sind es genau diese mutigen Entscheidungen, die oft die stärksten Typen hervorbringen.
In all den Jahren hatte ich nur ein einziges Model mit Buzz-Cut vor der Linse. Kurzhaarmodelle sind in der deutschen Szene so selten wie Schneefälle im August. Die Fixierung auf lange Haare als einziges Schönheitsideal sitzt tief, obwohl gerade das Brechen dieser Konvention oft den Unterschied macht.
In dem Moment, wo aus braven Standardlängen mutige Statements werden, passiert die eigentliche Verwandlung. Da werden aus Bewerberinnen Models. Nicht durch Make-up oder Laufstegtraining — durch einen Schnitt, der zur Persönlichkeit passt.
Die Moral von der Geschichte? Die Haare eines Models sind kein Accessoire, das man mal eben stylen kann.
Sie sind ein fundamentaler Teil der visuellen Erzählung. Haarlänge und Farbe bieten endlose Möglichkeiten, sich als moderne Persönlichkeit zu präsentieren.
Man muss sich nur von der Vorstellung lösen, dass "schön" automatisch "glatt und lang" bedeutet.