Haare: Das unter­schätzte Kapital

Haare: Das unter­schätzte Kapital

Ein Model mit Top-Figur, perfektem Make-up und einer Frisur von der Stange — diese Situa­tion erlebe ich häufiger, als mir lieb ist. Dabei sind die Haare doch kein schmückendes Beiwerk, sondern der stärkste Ver­bündete vor der Kamera.

Lesezeit: 2 Min.

Nach zwanzig Jahren hinter der Kamera wage ich die These: Eine durch­dachte Frisur ist wichtiger als das teuerste Designer-Outfit.

Verstehen Sie mich nicht falsch — ich rede hier nicht von per­fekten Wellen (diese voluminösen, buschigen, sich aus­hängenden Locken) oder einem 100-Euro-Salon­besuch vor jedem Shooting. Sondern einfach nur davon, das Potenzial zu sehen, das in Haaren steckt.

"Ich hab' die immer so" ist dabei der Klassiker. Gefolgt von "Das wächst gerade raus" und meinem per­sönlichen Favoriten: "Ich dachte, wir machen was beim Shooting damit." Spoiler: Nein, machen wir nicht. Jedenfalls nicht das, was ein profes­sioneller Schnitt in Ruhe hätte vorbereiten können.

Manchmal wage ich das Undenk­bare und schlage radikale Ver­änder­ungen vor. "Hättest du Mut für einen kinn­langen Bob?" — Ihr solltet die Gesichter sehen. Als hätte ich vor­geschlagen, barfuß über Lego zu laufen. Dabei sind es genau diese mutigen Ent­scheidungen, die oft die stärksten Typen hervorbringen.

In all den Jahren hatte ich nur ein einziges Model mit Buzz-Cut vor der Linse. Kurzhaar­modelle sind in der deutschen Szene so selten wie Schnee­fälle im August. Die Fixierung auf lange Haare als einziges Schönheits­ideal sitzt tief, obwohl gerade das Brechen dieser Kon­vention oft den Unterschied macht.

Es ist kein Zufall, dass bei Germany's Next Topmodel die Umstyling-Folge regelmäßig die spannendste ist.

In dem Moment, wo aus braven Standard­längen mutige Statements werden, passiert die eigentliche Verwandlung. Da werden aus Bewerber­innen Models. Nicht durch Make-up oder Laufsteg­training — durch einen Schnitt, der zur Persön­lich­keit passt.

Die Moral von der Geschichte? Die Haare eines Models sind kein Accessoire, das man mal eben stylen kann.

Sie sind ein fundamen­taler Teil der visu­ellen Erzählung. Haarlänge und Farbe bieten end­lose Möglich­keiten, sich als moderne Persön­lichkeit zu präsentieren.

Man muss sich nur von der Vorstel­lung lösen, dass "schön" automatisch "glatt und lang" bedeutet.

Also an alle Models da draußen: Sucht euch einen Friseur, der euer Gesicht liest und traut euch, einen Look zu kreieren, der in Erinnerung bleibt. Der euch zu einem echten Typ, einem Hingucker macht.

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