Die moderne Kommunikation zwischen den Geschlechtern gleicht einem Minenfeld. Dabei sind die Regeln eigentlich ganz einfach: Am besten gar nicht erst kommunizieren. Die potenzielle Gesprächspartnerin trägt ohnehin Kopfhörer und starrt auf ihr Smartphone — die zeitgemäße Version der mittelalterlichen Rüstung.
Für die große Mehrheit der Männer ist das eine frustrierende Situation. Sie sind ohnehin zu schüchtern, um Frauen anzusprechen, und nun werden sie nicht einmal mehr wahrgenommen.
Zwischen Kopfhörern und Display-Fixierung fühlen sie sich wie Geister im öffentlichen Raum. Unsichtbar und bedeutungslos. Klingt witzig, meine ich aber ernst.
Das Erfolgsrezept ist dabei verblüffend simpel: Völlig normale, attraktive Frauen zeigen sich in alltäglichen Situationen. Im Pyjama im Bett, in Unterwäsche beim Frühstück, halbnackt auf dem Sofa. Keine unerreichbaren Supermodels, sondern die sympathische Nachbarin von nebenan. Und das Beste: Sie antworten sogar! "Gefällt dir das Bild?" — "Ja, super!" — "Ich hätte da noch ein paar mehr..." Eine digitale Verbindung entsteht, während draußen in der echten Welt die Smartphones weiter als Sozial-Schutzschilde hochgehalten werden.
Die große Ironie dabei: Ausgerechnet jene, die jede Form der weiblichen Objektifizierung verdammen, haben mit ihrer Überregulierung des alltäglichen Miteinanders den Nährboden für diese Form der digitalen Intimität geschaffen.
Auch weil im echten Leben jedes Kompliment als potenzieller Übergriff gewertet wird, blüht der kostenpflichtige Online-Flirt, der die Sehnsucht nach Aufmerksamkeit und Wahrnehmung bedient.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich befürworte den respektvollen Umgang zwischen den Geschlechtern und würde mich selbst als Feminist bezeichnen. Aber vielleicht wäre weniger manchmal mehr. Weniger Regeln, weniger Smartphones, weniger künstliche Barrieren. Dann bräuchten wir möglicherweise auch weniger digitale Ersatzbefriedigung für unser ganz natürliches Bedürfnis nach Kontakt und Austausch.
Mich verblüfft diese rasante gesellschaftliche Entwicklung immer wieder aufs Neue. In nicht einmal zwei Jahrzehnten hat sich die Kommunikation zwischen den Geschlechtern komplett gewandelt — vom spontanen Gespräch in der U-Bahn zur bezahlten Interaktion auf OnlyFans. Eine Entwicklung, die ich erst verdauen und deren neue Spielregeln ich noch lernen muss. Manchmal frage ich mich, ob wir dabei nicht etwas Wesentliches verlieren.
Die Dame mit den schönen Stiefeln ist übrigens inzwischen ausgestiegen. Vielleicht lädt sie gerade ihr neuestes Foto hoch.
Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel hat überhaupt nichts mit Lina zu tun. Ich habe sie nur als Titelbild gewählt, weil sie in meinem Foto Stiefel trägt.