Was Alina mir da zwischen zwei Schlucken bereits kalt gewordenen Kaffees berichtete, war Folgendes: Auf Instagram gibt es Frauen — nennen wir sie der Einfachheit halber "die Puppenmütter" — die haben ein kleines Problem. Sie möchten gerne ihre Brüste zeigen (aus künstlerischen Gründen, versteht sich), dürfen das aber nicht. Instagram, dieser große digitale Tugendwächter, löscht nämlich schneller nackte Brustwarzen, als man "OnlyFans" sagen kann.
Nun könnte man denken: Pech gehabt. Aber die Evolution hat uns Menschen nicht umsonst mit einem übergroßen Gehirn ausgestattet. Und so kam irgendjemandem — vermutlich während einer schlaflosen Nacht oder nach dem dritten Gin Tonic — die Erleuchtung: Babys! Beziehungsweise: Plastikbabys!
Diese Reborn Babies, von denen Alina spricht, sind ein Kapitel für sich. Es sind Puppen, die so echt aussehen, dass selbst meine Mutter sie zunächst für echte Säuglinge halten würde. Und meine Mutter hat immerhin drei Kinder großgezogen. Die Dinger kosten auf Etsy etwa so viel wie ein anständiger Anzug bei C&A.
Jedenfalls entwickelte sich daraus ein faszinierendes Katz-und-Maus-Spiel mit den Instagram-Algorithmen. Die künstliche Intelligenz stand nun vor einem Problem, das selbst Kant ins Grübeln gebracht hätte: Wenn eine Frau vorgibt, eine Puppe zu stillen, die aussieht wie ein echtes Baby — ist das dann eine stillende Mutter (erlaubt) oder eine leicht bekleidete Dame (verboten)?
Während die Server noch rauchten, florierte das Geschäft. Die "Stillenden" verlinkten fleißig ihre OnlyFans-Profile, und die Zuschauer… nun ja, die Zuschauer taten, was auch immer Zuschauer so tun, wenn sie eine Frau sehen, die vorgibt, eine Puppe zu stillen.
Das Ende der Geschichte ist so erwartbar wie ein "Tatort" am Sonntagabend: Irgendwann fiel bei Instagram der Groschen. Vermutlich, als ein Praktikant während seiner Mittagspause durch seinen Feed scrollte und sich an seinem Quinoa-Sandwich verschluckte.
Denn manchmal ist die Realität so absurd, dass sie selbst die kreativsten Aprilscherze in den Schatten stellt. Diese Geschichte ist zu hundert Prozent wahr. Irre, oder? Vielleicht sollten wir uns das nächste Mal, wenn uns etwas zu verrückt erscheint, daran erinnern: Im Internet ist jeden Tag ein bisschen 1. April.