Als ich Nastya zum ersten Mal traf, konnten wir uns sofort angeregt unterhalten. Schon auf der Autofahrt zum Studio sprudelten wir nur so vor Gesprächen. Und selbst in den Minuten der Stille fühlte es sich nicht komisch an. Es war völlig in Ordnung, einfach nichts zu sagen.
Ich bin über 20 Jahre älter als sie und habe daher einen anderen Blick aufs Leben. Nastya war so lebensbejahend, so voller Neugier und Enthusiasmus, dass sie mich absolut umgehauen hat. Sie bringt eine gewisse Schüchternheit und Jugendlichkeit mit, die auf mysteriöse Art und Weise einen Beschützerinstinkt in einem weckt und gleichzeitig ist sie absolut erwachsen, selbstständig und erfahren.
Pull of Life war mein erstes Shooting mit Nastya und bereits nach den 3 gemeinsamen Stunden im Studio fragte ich, ob ich sie im Dezember nochmal auf Fuerteventura fotografieren dürfte. So schnell hatte sie mich überzeugt. Ich bin ein großer Fan von diesem lieben Menschen.
Mein Serientitel soll darauf hindeuten, dass das Leben eine starke, unausweichliche Kraft ist, die Menschen in ihren Bann zieht. Ich möchte die positiven und lebensbejahenden Aspekte des Daseins betonen, denn mit niemandem ist mir dies so gut gelungen wie mit Nastya.
Ich bin eigentlich kein Studio-Fotograf. Aber für den Bruch, für die Abwechslung, für Kontraste, habe ich mich entschieden, eine Serie in einem leeren Raum aufzunehmen. Ein paar Wochen vorher hatte ich — im Jahr 2023! — Corona. Wie dämlich ist das bitte? Nach Ablauf der Pandemie und drei Impfungen, bin ich trotzdem im Sommer erkrankt.
Mir ging es eigentlich nur zwei Tage schlecht. Da ich meine Frau aber nicht anstecken wollte, habe ich mich im Schlafzimmer isoliert, bis meine Tests wieder negativ waren. Nicht im Sinne einer krassen Quarantäne. Einfach nur, um nicht so viel im gleichen Raum wie meine Frau zu sein.
Worauf ich aber hinaus will: Ich konnte die Zeit im Bett nutzen, um mir Motive zu überlegen, die ich mit Nastya fotografieren wollte. Das Spiegel-Motiv ist eines dieser Wunschaufnahmen gewesen. Ich habe es einfach über Kopf aufgenommen. Drehen Sie das Buch um, so verstehen Sie sofort, was ich meine. So kommt es zu dieser witzigen Perspektive, ohne dass ich mich selbst mit meiner Kamera spiegele.
Sich auf vier Seiten zu beschränken fällt schwer. Aber Nastya ist ja bereits zwei Mal vorher zu sehen. Deshalb musste die enge Auswahl sein. Wie wählt man die Bilder nun aus? Warum entscheidet man sich für ein bestimmtes Motiv? Was gehen einem da für Gedanken durch den Kopf?
Ich lasse mich hierbei vom Bauchgefühl, von meiner Intuition leiten. Mein einziges Kriterium ist: Gefällt mir, was ich sehe?
Das reicht aber natürlich nicht, wenn mir Nastya sowieso gut gefällt und ich wahnsinnig viele Bilder habe, auf denen sie gut aussieht. Also wähle ich Bilder aus, die in einem Kontrast zueinander stehen. Ich denke in Doppelseiten und bilde Bildpaare.
Dann lasse ich meine Auswahl liegen und schaue wieder drauf. Ich mag diesen Auswahlprozess sehr gerne. Aber er braucht Zeit.
Wenn ich zum Beispiel für Playboy arbeite, treffen Bildredaktion und Chefredakteur die Auswahl. Ihre Auswahl unterscheidet sich fast immer von meinen persönlichen Favoriten. Was mich verunsichert.
Jeder Mensch spricht eben auf andere Dinge an. Das kann die Körpersprache sein. Ein Gesichtsausdruck. Die Form des Busens. Eine Frisur. Das Licht. So viele Kleinigkeiten spielen zusammen und es ist wirklich so, dass Nuancen ausschlaggebend sein können.
