B-Roll: Die Kunst des filmischen Drumherums

B-Roll: Die Kunst des filmischen Drumherums

Kennen Sie das? Sie schneiden gerade ein Video von einem erfrischenden Interview und plötzlich merken Sie: Ups, 10 Minuten sprechender Kopf. Da schläft der Zuschauer ja ein! Willkommen in der wunderbaren Welt der B-Roll, oder wie ich sie nenne: Die filmische Soße, die jedes Interview erst richtig schmackhaft macht.

Lesezeit: 3 Min.

Das ABC des Interview-Garnierens

Das 'B' in B-Roll steht weder für 'Backup' noch für 'Boring'. Auch nicht für 'Busen', wie man bei meinen Drehs vermuten könnte. Nein, es steht natürlich für 'Brillant'. Das habe ich mir jetzt nur ausgedacht. Aber sind wir mal ehrlich: Ohne B-Roll wäre jedes Interview einfach nur fade.

Was also tun? Stellen Sie sich vor, Sie würden eine faszinierende Persönlichkeit nur beim Reden filmen. Langweilig! Deswegen zeigen wir sie in ihrer natürlichen Umgebung. Das klingt jetzt fast wie bei einem Tierfilmer. Aber so ähnlich ist es auch am besten.

Hier sind die zehn goldenen B-Roll-Regeln für alle, die aus ihren Interviews echte Highlights machen möchten. Ich bin so frei und beschreibe es anhand eines Playmate-Interviews:

Die "Dynamik & Detail"-Shots

  1. Medium Shot

    Oder wie ich ihn nenne: Der "Halbe-Portion"-Shot. Hier zeigen Sie Ihr Playmate von der Hüfte aufwärts bei einer natürlichen Aktivität. Vielleicht beim Ausziehen. Oder am Outfit zupfen. Der ideale Mittelweg zwischen Nähe und Übersicht.

  2. Gesichts-Close-up

    Auch bekannt als der "Makeup-Inspektor". Hier kommen Sie Ihrer Protagonistin so nahe, dass Sie jedes bezaubernde Detail einfangen können. Besonders effektiv bei ausdrucksstarken Momenten oder einem strahlenden Lächeln. Augenzwinkern ist cheesy, wirkt aber trotzdem gut.

  3. Hände in Großaufnahme

    Der "Detail-Shot". Egal ob ihre Hand durch den Sand gleitet, eine Muschel aufhebt oder durchs Haar fährt, Hände erzählen ihre eigenen Geschichten und schaffen intime Momente von besonderer Intensität.

  4. Over-the-Shoulder

    Der "Ich nehme Dich mit"-Shot. Sie schauen Ihrer Protagonistin buchstäblich über die Schulter und sehen die Welt aus ihrer Sicht. Zum Beispiel, wenn sie aufs Meer blickt und die Wellen beobachtet. Kommt auch gut in Bewegung. Immer schön nah dran bleiben.

  5. Einzigartige Winkel

    Oder der "Wie-komme-ich-hier-überhaupt-hin?"-Shot. Platzieren Sie die Kamera in einer Grube oder erklimmen Sie einen Felsen, werden Sie kreativ! Außergewöhnliche Perspektiven machen Ihren Clip besonders. Yoga-Erfahrung ist von Vorteil. Zur Not tut's auch eine Drohne.

Glauben Sie mir, man kann nie zuviel von diesen Aufnahmen haben. Deshalb gleich die nächsten fünf.

Die "Magie & Momente"-Sammlung

  1. Detail-Aufnahmen

    Die "Sherlock-Holmes"-Aufnahmen. Eine Taucherbrille auf sonnengewärmtem Vulkangestein, Wassertropfen, die über nasse Haut perlen, irgendwas mit dem Mund und Essen oder Trinken geht auch immer. Wichtig: Auch Detailaufnahmen ohne Modell! Diese kleinen Momente erzählen die Geschichte eines Tages perfekt.

  2. Walk and Look

    Der "Hauptrollen"-Moment. Sie läuft durchs Bild als wäre ihr Leben eine Netflix-Serie. Blick in die Kamera verboten. Wir machen hier keine TikTok-Challenge.

  3. Establishing Shot

    Auch bekannt als "Tadaa, da bin ich!"-Moment. Sie taucht aus dem türkisblauen Wasser auf. Erinnert sofort an James Bond. Sie muss vorgestellt werden. Deshalb auch Hero-Shot genannt. Mag platt klingen, ist aber der perfekte Auftakt für einen Clip. Wo sind wir und um wen geht es.

  4. Video-Portrait

    Der "Mona-Lisa-Moment". Sie sitzt auf einem Stein, der Wind spielt mit ihrem Haar, dann dreht sie sich langsam zur Kamera. Oder: Sie lehnt an einem Auto, das goldene Abendlicht trifft ihr Gesicht, während sie direkt in die Linse schaut. Pure filmische Magie. Ein Portrait mit dezenter Bewegung.

  5. Timelapse

    Oder: "Die Welt im Zeitraffer". Wolken rasen über eine kleine Bucht hinweg oder die Sonne geht auf oder unter. Ein Allzweck-Werkezug, das man immer gut gebrauchen kann. Vor allem, wenn man sonst nicht genug Material hat.

B-Roll ist wie das Gewürz in der Filmküche: Die richtige Menge verwandelt Ihr Interview von "sprechender Kopf" zu "visuelles Festmahl". Zuviel lenkt ab. Ich habe aber noch nie zuviel Auswahl gehabt. Eher zu wenig.

P.S.: Die perfekte Welle für den Establishing Shot? Kommt genau dann, wenn Sie gerade Ihr Objektiv wechseln.

P.P.S.: Falls es Sie interessiert: Das "B" in B-Roll stammt natürlich noch aus der Zeit der echten Filmrollen. A-Roll war das Hauptmaterial, B-Roll das Überblendzeugs. Heute ist alles digital, aber alte Begriffe sterben nie. Zum Glück, sonst müsste ich jetzt "Ergänzendes-visuelles-Begleitmaterial" sagen.

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