Wenn YouTube in die Sauna geht

Wenn YouTube in die Sauna geht

Es gibt Momente im Leben eines Künstlers, in denen man sich fragt, ob die Welt den Verstand verloren hat. So einen Moment erlebte ich kürzlich durch die Mitarbeiter von YouTube, die, wie ich vermute, ein recht abenteuerliches Liebesleben führen. Wie sonst ließe sich ihre jüngste Entscheidung erklären? Sie haben den Trailer zu meinem neuen Fotobuch von ihrer Plattform verbannt. Einen Trailer, wohlgemerkt, den ich bereits so gründlich zensiert hatte, dass selbst die Kunstkommission des Vatikans nichts daran auszusetzen gehabt hätte.

Lesezeit: 2 Min.

Die offizielle Begründung liest sich wie ein unfreiwilliger Einblick in die Psyche des Zensors:

Inhalte mit Nacktheit, die der sexuellen Befriedigung dienen, sind auf YouTube nicht erlaubt.

Ich musste den Satz mehrmals lesen. Dann stellte ich mir vor, wie dieselben Menschen wohl einen Ausflug in die Sauna unternehmen würden. Vermutlich mit einer Mischung aus Entsetzen und heimlicher Vorfreude, permanent zwischen "Oh Gott!" und "Oh ja!" schwankend.

Als Aktfotograf, der unter anderem für den Playboy arbeitet und kunstvolle Bildbände verlegt, bin ich es gewohnt, dass Menschen unterschiedliche Zugänge zur Nacktheit haben. Aber die Vorstellung, dass jemand einen hochwertigen Fotoband als Hilfsmittel zur Selbstbefriedigung missversteht, lässt mich zwischen Schmunzeln und Kopfschütteln schwanken.

Die Geschichte erinnert mich an diese Momente, in denen Menschen in Kunstmuseen kichern, weil sie eine nackte Marmorstatue sehen. Nur dass in diesem Fall die Kichernden leider die Macht haben, Kunst zu zensieren. Dabei hatte ich in meinem Trailer bereits mehr rausgeschnitten als mir lieb war. Nippel? Fehlanzeige. Aber offenbar reichte schon die Andeutung von künstlerischer Nacktheit aus, um bei YouTube die Alarmglocken schrillen zu lassen.

Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so tragisch wäre. Während auf YouTube stündlich Gewaltszenen, Verschwö­rungs­theorien und zweifelhafte Schönheits-OPs ihr Publikum finden, wird Aktfotografie behandelt wie eine Bomben­drohung in der Vorstandsetage. Dabei ist der Unter­schied zwischen Kunst und Pornografie eigentlich recht einfach zu erkennen. Ähnlich wie der Unterschied zwischen einer Sauna und einem Swingerclub. Aber vielleicht sollte man das den YouTube-Mitarbeitern nicht sagen. Am Ende verbieten sie noch Saunen.

Für den Moment bleibt mir nur, mich bei meinen Followern zu entschuldigen: Der Trailer ist leider nur noch über meine Website zu sehen. Dort allerdings unzensiert — für alle erwachsenen Menschen, die den Unterschied zwischen Kunst und "sexueller Befriedigung" kennen. Und das sind zum Glück mehr, als YouTube uns glauben machen will.

Ich persönlich habe übrigens nichts gegen Selbst­befriedigung. Ich sehe aber überhaupt keinen Zusammenhang zwischen meinen Bildbänden und dem Handanlegen. Das ist einzig und allein ein Thema der prüden Blockwarte.

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