Das Entstehungsjahr des Kunstwerks ist 2023. Es handelt sich um zwei Fotografien von Simon Bolz. Als visuelle Elemente kann man eindeutig eine rothaarige Frau um die 30 erkennen, die mit Fingerfarbe auf eine Leinwand malt. Sie befindet sich in einer Altbauwohnung und hat eine Staffelei mit einer ehemals weißen Leinwand vor sich stehen. Offensichtlich hat sie etwas gekleckert, als sie an ihrem Kunstwerk arbeitete. Fast hätte ich das Wichtigste vergessen: Die schlanke Rothaarige mit hochgesteckten Haaren ist nackt.
Es handelt sich jeweils um eine leicht asymmetrische Komposition. Wir sehen eine Szenerie, die nur wenige Minuten auseinander liegt und betrachten sie aus zwei verschiedenen Perspektiven. Einmal gegen das Licht und einmal mit der Richtung des Lichts fotografiert.
Die Farbpalette ist auf Hauttöne beschränkt. Als starke Akzentfarbe ist pinke Fingerfarbe in den Werken vertreten. Das Pink könnte die Lieblingsfarbe der Malerin sein. Auf jeden Fall handelt es sich um eine klassische Farbe, die seit Jahrzehnten in konservativen Haushalten mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht wird.
Durch die Art und Weise wie die pinke Farbe eingesetzt wird, bekommt sie eine leicht verruchte Bedeutung. Das Schmutzige, die verschmierte Farbe auf dem nackten Körper, könnte als sexuelle Anspielung gedeutet werden.
Die Lichtstimmung verströmt Freundlichkeit. Durch den Sonnenschein wird eine warmherzige und wohlige Atmosphäre dargestellt. Die Malerin scheint zufrieden und bemerkt den Betrachter offenbar nicht. Sie ist ganz bei sich und schaut den Betrachter nicht an.
Hinter ihrem Kopf befindet sich einmal ein weißes Fenster und einmal ein dunkler Flur. Das weiße Fenster könnte für Offenheit stehen. In dieser Darstellung können wir auch Ihr Gemälde betrachten. Im zweiten Motiv mit der Dunkelheit hinter ihrem Kopf können wir nicht mehr auf ihr Kunstwerk sehen. Das vollendete Werk bleibt ihr Geheimnis und die Malerin selbst wird zum Kunstwerk für die Augen des Betrachters.
Die Hauptidee hinter des Bildpaars scheint spielerische Verführung zu sein. Aus dem Leben auszubrechen und etwas zu wagen, was man sich im Alltag nicht getrauen würde. Gleichzeitig beschädigt die Malerin nichts, denn sie hat sogar ein weißes Tuch untergelegt, um das wertvolle Parkett nicht zu verschmutzen.
Auf ihrem Gemälde sind zwei Kreise mit jeweils einem Punkt darin zu sehen. Unzweifelhaft symbolisieren diese Kreise weibliche Brüste und sind Ausdruck von Weiblichkeit.
Im kulturellen Kontext betrachtet, macht sich die Malerin möglicherweise über zuviel Interpretation in Kunstwerke lustig und hat einfach Spaß daran, nackt zu sein und ihren traumhaften schlanken Körper mit Farbe zu beschmieren. Sie mag es, wenn fremde Augen sie ansehen, weil sie weiß wie schön sie ist.
Der Künstler Simon Bolz hat in seiner Laufbahn bisher noch keine nackte Frau mit Farbe aufgenommen. Er ist jedoch bekannt für seine themenbezogenen Serien, in die sich Pink Painter passend einreiht. Eine Serie, die nur aus zwei Bildern besteht (ein Diptychon), ist für den Fotografen ungewöhnlich, erscheint in diesem Fall aber absolut passend. Es stellt sozusagen die maximale Reduktion einer seriellen Arbeit dar.
Im kunsthistorischen Kontext setzt dies die Entwicklung des seriellen Stils des Künstlers fort. Er steht dabei im Einfluss fotografischer Darstellungen von Modefotografen und aus der Magazinproduktion.
Wenn man versucht eine tiefere Bedeutung in das Werk zu interpretieren, so könnte die Botschaft sein, Menschen eine Freude zu machen. In einer tieftraurigen, ernsten Welt mit Krieg und Elend, schafft dieses Werk einen Gegenpol. Es ist eine Auszeit von all dem Negativen — besonders in Anbetracht der Tatsache, dass Karinka eine von zwölf Modellen ist, die vor dem Krieg geflohen ist und nun im Exil lebt.
Dass es einer jungen Frau so gut gelingt, das Böse beiseite zu schieben und Fröhlichkeit von innen auszustrahlen, ist beeindruckend. Sie ist ein Vorbild für uns alle und erinnert uns daran, das Lachen nicht zu vergessen und positiv aufs Leben zu blicken, selbst in schwierigen Situationen.
Fazit
Auf die Kunstgeschichte bezogen, hat dieses Werk keine große Auswirkung. Und vielleicht ist das sogar gut so. Denn auch in der Kunst wird vieles zu ernst genommen und zu versteift gesehen. Ein bisschen mehr Gelassenheit und Freude wäre auch in diesem Markt wünschenswert.
