Social-Media-Entzug

Social-Media-Entzug

Aufmerksame Leser meines Blogs wissen, dass ich sozialen Medien gegenüber stets kritisch eingestellt war. Dennoch war ich viele Jahre auf zahlreichen Plattformen aktiv. Seit dem Sommer dieses Jahres habe ich mir jedoch eine Social-Media-Entziehungskur verordnet. Und so geht es mir damit.

Lesezeit: 4 Min.

Wenn ich von sozialen Medien spreche, beziehe ich mich auf mein Facebook, Instagram und Twitter. Auf anderen Plattformen (wie TikTok) bin ich nicht aktiv. Meine Social-Media-Aktivitäten beschränken sich vollständig auf mein Berufsleben. Ich teile zwar gelegentlich Privates, aber auch das dient nur dem Zweck, nicht zu werblich zu erscheinen und etwas Persönlichkeit zu zeigen.

Privat interessieren mich soziale Medien nicht. Ich spreche lieber persönlich mit Freunden. In dieser Hinsicht bin ich wirklich altmodisch, aber ich finde das überhaupt nicht schlimm. Im Gegenteil, ich hätte lieber, dass mir jemand nach seinem Urlaub bei einem Bier von seiner Reise erzählt, als dass ich seine Reise live in den sozialen Medien verfolgen muss.

Da ich viele Menschen kenne, die genauso denken wie ich, möchte ich fürs Erste nur eines festhalten: soziale Medien sind nicht für jeden nur positiv.

Beruflich sind soziale Medien unverzichtbar. Wer nicht in den sozialen Medien ist, existiert praktisch nicht. Das ist schade und auch irgendwie beängstigend. Aber es ist wirklich so krass geworden, seit Menschen keine Websites mehr besuchen, sondern alles über Social-Media-Apps konsumieren.

Wer nicht in den sozialen Medien ist, existiert praktisch nicht.

Sichtbarkeit ist wichtig

Wir alle streben nach Aufmerksamkeit. Das liegt in der Biologie des Menschen. Für soziale Medien bedeutet das, dass wir senden müssen, um gesehen zu werden. Aber inzwischen senden so viele Menschen, dass wir noch mehr senden müssen, um wahrgenommen zu werden. Und wenn jemand drei-, fünf- oder zehnmal am Tag sendet, nervt mich das einfach. Das ist mir zu viel. Und gleichzeitig bedeutet es, dass ich als jemand, der einmal pro Woche etwas postet, überhaupt nicht mehr bemerkt werde.

Aber ohne wahrgenommen zu werden, sind soziale Medien völlig überflüssig. Es lohnt sich einfach nicht.

Und dann habe ich tief in mich hineingehört und folgende weitere negative Aspekte für mich gefunden:

  1. Sozialer Vergleich: Der ständige Vergleich mit anderen führt zu Gefühlen der Unzulänglichkeit und Ängstlichkeit.
  2. Zeitverschwendung: Gedankenloses Scrollen verschlingt erhebliche Mengen an Zeit und mindert meine eigene Produktivität.
  3. Ständige Bedrohung: Weil meine Arbeit auf Social-Media-Kanälen als anstößig wahrgenommen wird, fühle ich mich auch unter ständigem Druck. Es kommt sehr häufig vor, dass Konten ohne Vorwarnung gelöscht werden, selbst wenn alle Inhalte vollständig zensiert waren und ihren Richtlinien entsprachen.

Und wenn ich mir dann die Vorteile sozialer Medien ansehe, ist vieles davon nicht so positiv, wie es zunächst scheint:

  1. Kommunikation in Echtzeit: Messenger sind schnell, aber letztendlich war es mit E-Mail-Kommunikation auch nicht schlechter.
  2. Vernetzungsmöglichkeiten: Die Kommunikation mit Models ist auf Instagram extrem schwierig. Wenn ein Model mir nicht folgt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass sie auf eine Anfrage von mir reagiert. Und das frustriert mich sehr.
  3. Business-Marketing: Werbung in sozialen Medien funktioniert vielleicht in anderen Bereichen. Aber für meine Dienstleistungen und Produkte darf ich auf den Kanälen keine bezahlten Anzeigen schalten. Das macht es auch ziemlich sinnlos.
Ein verwobenes Netz

Accounts entfolgen

Und so entschied ich mich im Juni, mein Social-Media-Verhalten zu ändern. Ich habe auf Instagram etwa 1.000 Personen entfolgt. Ich habe damit sicher einige vor den Kopf gestoßen, was mir leidtut, aber meine Timeline war einfach zu voll mit denselben Menschen oder Menschen, die mir nicht gut taten. Jetzt ist mein Insta-Feed überschaubarer und das hat erst mal etwas Gutes bewirkt.

Zehn Minuten pro Tag

Als zweiten Schritt beschloss ich, täglich maximal 10 Minuten in sozialen Medien zu verbringen. Das klingt wenig, ist es aber überhaupt nicht. Denn ich fand die Inhalte dort nie besonders spannend. Meistens fehlte der Kontext. Oft posten andere Fotos und schreiben einfach nur „GM" (weil sie zu faul sind, „Good Morning" auszuschreiben). Das zeigt mir, wie wenig Herzblut in die Beiträge fließt. Und deshalb verbringe ich dort nicht gerne viel Zeit.

Mir fehlt nichts

Es sind jetzt vier Monate vergangen und mir fehlt nichts. Es hat mir an nichts gemangelt und ich fühle mich besser. Neue Fotomodels zu finden bleibt das größte Problem für meine Arbeit. Aber das war bei exzessiver Social-Media-Nutzung auch nicht besser. Da gab es nur mehr Frustration.

Ich kann also aus meiner ganz persönlichen Sicht sagen: Social-Media-Entzug ist eine Bereicherung für mein Leben. Und auch wenn meine Sichtbarkeit abgenommen hat, mache ich trotzdem engagiert mit meinen eigenen Projekten weiter.

Da Sie diesen Artikel gerade lesen, freue ich mich riesig darüber, dass nicht alle Menschen nur auf ihre Social-Media-Kanäle fixiert sind. Und ich meine das aufrichtig und von ganzem Herzen: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Ich werde weiterhin auf Social-Media-Kanälen aktiv sein, aber nur in einem Maß, das mir guttut.

Bitte beachten Sie

Soziale Medien sind für jeden anders, abhängig davon, wo man lebt und welche Interessen man hat. Als Aktfotograf, der soziale Medien nur beruflich nutzt, sind meine Ansichten subjektiv und nicht allgemeingültig.

Navigieren