Zunächst einmal müssen Sie Ihr Gehirn leeren, um überhaupt kreativ sein zu können. Es gibt so viele Methoden, dies zu tun, und Sie müssen eine finden, die für Sie funktioniert, aber eines haben alle gemeinsam: Leeren Sie Ihr Gehirn. Lassen Sie los von der täglichen Routine, von den Dingen, die Sie im Alltag beschäftigen.
Sie können ein Blatt Papier nehmen und eine To-Do-Liste schreiben, damit diese Dinge aus Ihrem Kopf verschwinden: Lebensmittel für das Abendessen einkaufen, ein Geburtstagsgeschenk für Ihre Mutter kaufen, nachsehen, ob Ihre Lotterie-Zahlen gewonnen haben. Was auch immer Ihnen im Kopf herumgeht, es muss raus.
Yoga und Meditation sind dafür großartig, eigentlich funktionieren alle Arten von Sport gut. Aber ich habe das ausprobiert, ich habe kaum gute Ideen, wenn ich joggen gehe. Und ich bin nicht für Yoga gemacht. Ich wünschte es, aber ehrlich gesagt bin ich nicht beweglich genug und ich sage mir, man muss nicht alles im Leben können.
Bei mir funktioniert es gut, wenn ich unter der Dusche stehe. Die Monotonie, wenn Wasser über den nackten Körper läuft, hilft mir einfach loszulassen und das befreit meinen Geist. Aber wenn man wirklich etwas ausarbeiten möchte, wie lange kann man denn unter der Dusche stehen?
Ich stellte fest, nicht lange genug, also brauchte ich einen Plan B. Und mir kam in den Sinn, dass Zugfahren auch hochgradig monoton ist. Ich sage monoton, man könnte es langweilig nennen. Ist dasselbe. Aber es funktioniert für mich.
2.700 Kilometer im Zug sollten den Zweck erfüllen.
Also buchte ich mir einen Zug von Frankfurt nach Paris, Paris nach Marseille und den gleichen Weg zurück am nächsten Morgen. Das bedeutete, dass ich innerhalb von nur zwei Tagen 18 Stunden im Zug unterwegs sein würde. Klingt schrecklich, aber ich war begeistert, dieses Abenteuer anzutreten.
Mein Gepäck war leicht. Ein kleiner Rucksack mit einer Hose, Socken, einem T-Shirt und einer Zahnbürste. Ein bisschen Wasser und Nüsse. Ich bin noch nie zuvor in meinem Leben mit derart wenig Gepäck gereist.
In meinen Händen hatte ich ein Notizbuch. Ich spreche nicht von einem Notebook, sondern von einem traditionellen Notizbuch und einem Stift. Als der Zug losfuhr, begann ich Notizen zu machen. Ich hatte keine Ahnung, wo ich anfangen und was ich schreiben sollte, aber ich fing einfach an. Ich glaube, das ist die zweite wichtige Sache, die Sie tun müssen: In einen Flow kommen. Indem Sie es einfach tun.
Ich wusste, die meisten Dinge, die ich aufschreiben würde, sind reiner Unsinn. Ich würde rot werden, wenn jemand anderes sie lesen würde. Aber diese Notizen sind für niemand anderen bestimmt. Ich werde der Einzige sein, der damit arbeitet. Und das wusste ich. Also hatte ich keine Hemmungen, dumme Dinge aufzuschreiben. Ich habe mich absichtlich nicht gebremst, während ich Sachen aufschrieb.
Sie fragen sich vielleicht, warum ich mich entschied, durch Frankreich zu fahren. Die deutsche Bahn (sogar die sogenannten Hochgeschwindigkeitszüge) ist ziemlich langsam. In Frankreich ist das anders. Ich nahm einen Zug von Paris nach Marseille ohne einen einzigen Zwischenstopp. Und es dauerte nur drei Stunden und fünf Minuten für die 760 Kilometer Entfernung. Der TGV fährt einfach die ganze Zeit mit etwa 290 km/h.
Die Landschaft selbst war etwas langweilig. Ich dachte, Frankreich wäre schöner. Aber vielleicht haben sie die Bahnstrecke durch die hässlicheren Teile gebaut. Wie auch immer, ich war nicht hier, um die Natur zu genießen, es ging darum, sich zu langweilen und kreativ denken zu können.
Was soll ich sagen? Es hat funktioniert. Als ich in Marseille ankam, hatte ich etwa vierzig Seiten in meinem Notizbuch vollgeschrieben. Ich hatte Kategorien erstellt, damit ich über bevorstehende Projekte, zukünftige Ziele und präzise Motive nachdenken und leichter zwischen diesen Gedanken wechseln konnte.
Ich habe nicht viel von Marseille gesehen und ich hatte nicht einmal eine Kamera auf dieser Reise dabei. Die Fotos sind nur Schnappschüsse, die ich mit meinem Handy gemacht habe.
Aber ich kann sagen, die Reise war es wert. Ich hatte sicherlich nicht die Erleuchtung, aber ich habe viele Notizen gemacht, die als Ausgangspunkt für neue Projekte dienen. Einige der Dinge bringen mich zum Lächeln, wenn ich sie jetzt lese. Einige lassen mich denken: Was zum Teufel?! Und bei anderen bin ich mir ziemlich sicher, dass ich sie in den nächsten Jahren fotografieren werde.
Meine Schlussfolgerung ist also: Ich muss solche Dinge öfter tun. In einer Routine des Alltags gefangen zu sein, gezwungen, Fristen einzuhalten und Geld zu verdienen, führt leicht dazu, sich in den eigenen Werken zu wiederholen. Aber ich will mich definitiv weiterentwickeln, daher kann ich das Verlassen traditioneller Pfade sehr empfehlen.